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Ordnung1684

Zum Schluß sei es mir gestattet, als Ergänzung über eine Schulordnung aus der Stadt Leer aus dem Jahre 1684 (!) zu informieren. Sie wurde im Ostfriesischen Monatsblatt November 1878 veröffentlicht. Ein Exemplar dieses Monatsblattes entdeckte der Studienreferendar Hillrich Meyer aus Rhaude in der Konstanzer Universitätsbibliothek. Im Jahre 1684 unternahm es der Rektor der Leeraner Schule (Lateinschule plus "deutscher" (Volks)-Schule, Rektor Feil, eine Schulordnung zu entwerfen, die wahrscheinlich bis zum Jahre 1763, als in Ostfriesland die preußische  Schulordnung bekanntgemacht wurde, in Geltung geblieben ist.

   Unsere Schulen - kein Bau auf Sand gebauet

   Auszüge aus der Schulordnung: Gute Gesetze sind der Grund, worauf das alles gutes in der Welt gebauet und erhalten wird.

    Dannenhero hat einer wol gesaget (Ms. volge saget); daß eine Stadt oder Land ohne Gesetz sei gleich einem Leib ohne Seele.

   In Wahrheit wir erfinden täglich, daß der Leib zerfällt,  wann der Geist gehet zu dem der Ihm gegeben hat. Ebenmässig wird dieses beobachtet im jedweden Staat und Stand, daß er nothwendig als ein todter Leib zerfallen und zergehen muß wan die Seele (das sind gute gesetze) dieselbe nicht unterhalten.

   Damit nun unsere Schule kein Bau auf Sand gebauet, noch kein Leib ohne Seele sey und also ohnfehlbar zerfalle, so haben wir sämptliche Mitarbeiter der Leerder Schule  nur etlichen einfältigen doch wohlgemeinet aufgezeichneten Gesetzen zustimmen wollen: auf daß also unser Schal Wesen bessermaßen bestehe, die Jugend in guter Ordnung und Gottes-Furcht erzogen, und so Gott will eine bessere und gedeilichere Kinder Zucht angeoordnet werde.

   Damit nun dieses gereiche zur Ehren unseres großen Gottes, zur Vermehrung und Verherrlichung unseres herrlichen Königs Jesu, und zu  unserer selbst Zeit- und Ewiger Ersprislichkeit;

   So verbinden wir uns zum ersten an die Gesetze welche zu dem Kirchen Gang gehören, und wie die Jugend zu derselben gehalten, und in demselben regiert werden muß. Weilen die Gottes-Furcht der Grund Bau ist aller, so geist- als leiblicher Glückseeligkeit, habend die verheissung dieses und des zukünftigen Lebens, so muß es billig von uns erachtet werden, daß wir vornehmlich hierauf unser Absehen haben, daß die Schul-Jugend hierzu angeführet werde.

   Derohalben

1. Soll ein jedweder der Lehr-Meistern gehalten seyn, jedesmahl wan gepredigt  wird im Gottes-Hause auf seinen angeordneten Ort zu erscheinen, um gute Aussicht auf seine ihm anbefohlene Schüler zu haben, und also denselben mit einem guten Beispiel vorzuleuchten; derjenige aber so den Vorsang hat  soll sitzen bei seinen Lehrlingen, damit den vielfältigen Klagen und Ärgernissen vorgekommen werde, unter Verbrechen 3 Stüber.

2. Sollen die Lehrmeistern ihre Knaben alle mit einander, so viel Ihnen  menschmöglich, zur Kirche halten und einen seiner obersten Schülern ein Register der abwesenden, der muthwilligen und plaudernden zu machen anbefehlen, damit also das Haus Gottes ein Beth und kein Raas Haus werde. Wer  hierin nachlässig und das obbenannte Register auf Anhalten seiner Mitarbeiter oder auf Fordern des rectoris nicht zeigen kann, soll verfallen in zwei Stüber Brüche.

3. Soll ein jedweder des Mond und  Freitags wan nemlich ein Bethtag vorhergegangen in seiner Schule die Jugend mit wenigen unterfragen, was sie aus der Predigt behalten: solte man auch gleich auf die Tage ein viertelstündgen früher anfangen, damit die  Jugend bei Zeit zur Aufmerksamkeit in dem Hause Gottes gewöhnet werde. Wer dieses verabsäumet, sol strafbar und einer censur unterwürfig sein.

   Nachdem nun dieses was bei uns und in der Kirchen von uns muß wahrgenommen werden, kürtzlich vorgestellet, so gehen wir über zu dem, was wir umb uns in der Schule sollen beobachten.

1. Soll ein jeglicher Vormittags um 8 und Nachmittags um 1 Uhr oder zum  längsten 1/4 darnach in seiner Schule gefunden werden, wer dieses verabsäumet soll mit 8 Stüber gestrafet werden.

2. Soll des Morgens ein Hauptstück aus der Bibel gelesen werden, damit also die Schul-Jugend mit Thimoteo von Kind auf die heilige Schrift lerne, damit dieselbe dadurch unterwiesen werde zur Seeligkeit durch den Glauben an Christum Jesum.

3. Soll man sich enthalten, daß man keine verdrießliche  Schläfrigkeit oder schläfrige Verweichlichkeit unter dem Unterweisen spüren lasse, damit man sich selber nicht zum Hohn oder Spot der Lehrlingen darstelle und denselben Ärgerniß gebe.

4. Soll (Ms. So) ein jedweder seinen Beruf treufleißig Beobachten, nicht bloß des Gewinns halber, sondern gedenkend was vor ein treffliches Amt ihm anbefohlen, wodurch er auch selbst Seelen seinem Gott kann zuführen und die zarte Jugend zu  Gott und den Menschen wohlgefälligen Werkzeugen bearbeiten.

5. Soll niemand ohne Vorwissen der Schul-Arbeiter ausgelassen werden. auch jedesmahl nur 2 oder 3 zum höchsten; auch sollen dieselbe nicht zu  lange ausbleiben, spielen, rasen oder anderen ärgerlichen Muthwillen treiben, damit also die kost- und unschätzbare Zeit nicht liederlich versäumet sondern ausgekauffet werde. Der hierwider thut, sol mit 2 Stüber gebrüchet werden.

6. Soll ein jedweder so in- als außerhalb der Schulen mit gutem Leben und Wandel die Schul-Jugend zu allen guten reitzen, und ja unter Vermeidung der ewigen Vermaledeiung keiner von der Gottes-Furcht abarten lassen oder sonsten ärgern.

7. Keiner soll den andern untergehen, ihm Schüler abzuzwacken, es sei auch durch was Sünden und Hausschleichereien dies geschehen möge, auf daß also alle  Zank Sucht, bitterer Neid und beißige Mißgunst vermeidet werde, unter Strafe 1/2 Reichsthalers.

8. Keiner soll des andern Lehrknaben unter seine Schul Zucht annehmen, es sey denn daß dieselbe zuvor seinen Lehr Meister vergnüget und bezahlet habe; hierzu soll eine 4wochentliche Frist gegeben werden.

9. Wan ein Schüler gefunden würde, der durch einigen Muthwillen einen unter den Lehr-Meistern er sei auch wer  er sei, verunehren und mit ein oder andern Dreuwörter bedreuen (sollte); solcher soll offentlich zum Beispiel anderer gestrichen werden.

10. Das Ausnehmen soll (Ms. so) von den Lehr=Meistern nicht gestattet  werden, sondern man soll hier vor einmahl vor al Uhrlaub geben; oder die nur lassen gehen, welche Ihr Schulgeld gebracht haben, welche dann mit einander Uhrlaub begehren, können mit einander das Schulgeld bringen unter  Strafe eines Schellings.

11. Das Schulgeld der beiden oberstern Schulen soll 3 Wochen vor dem Ausschlag; der beiden untersten aber 5 Wochen zuvor gefordert und also durch den Rector durch die Schulen angesagt werden.

12. Soll kein Uhrlaub ohne des Rectors Vorwißen gegeben werden, damit nicht das Faulenzen eines oder andern allen Schulen zugerechnet werde; Wer hiewieder thut soll mit 6 Stbr. gebrüchet werden.

13. Die beiden untersten (soll heißen: die beiden Lehrer an der Deutschen Schule) sollen um alle Aergerniß zu vermeiden nicht unter einander singen, sondern einer den andern abwarten oder einen Tag  um den andern singen. Bei 3 stbr. Brüche.

14. Man soll nicht bethen oder Cathechisiren daß alle Lehrlinge zugleich bethen oder antworten, damit aus einem seeligen und guten Gebrauch, kein böser und  unseeliger Misbrauch entstehe. 3 Stüber.

15. Soll ein jedweder seinen Schülern befehlen, daß sie auf den Gassen bei ausgang der Schulen, wie auch sonsten. züchtig und eingezogen seyn, nicht rasen, rennen,  laufen, singen, pfeifen, an Thür und Fenster schlagen, oder wie dergleichen ungeregelte Ungereimtheiten mehr sein nachlassen.

16. Ein jedweder soll seinen Lehrlingen anbefehlen, sämtliche Schulbedienten insonderheit wie auch alle anderetugendhafteehrenwürdige Leute im Vorbeigehen und sonsten mit Hutabnehmen, wie auch andern Ehrbietigkeiten zu ehren; damit sie also lernen bei Zeiten vor einem grauen Haupt aufzustehen, die alten zu ehren und sich vor ihrem Gott zu furchten. Unter vorigem Verbrechen.

17. Sol ein jedweder Schreiber-Schüler alle halbe Jahr gehalten sein eine Schrift durch seinen Lehr=Meister an den rector einzuliefern, worauf gezeichnet werde mit 1. 2. 3. etc. wie nämlich die Schreiber in der Ordnung nach einander sitzen; damit also einer den anderen aneifere und die Jugend aufgemuntert werde, und man also sehen möge wie ihr Fortgang von Jahr zu Jahr sei.

18. Sol ein jedweder Lehrmeister seine 3 Morgen und Nachmittag Stunden als von 8 bis 11 und von 1 bis 4 aushalten, treulich seinen Beruf in der Zeit abwarten, nicht mit  Dienst für Augen als den Menschen zu gefallen, sondern mit Einfältigkeit des Herzens und mit Gottes Furcht. Wer die seine eher abfertigt als die bestimmte Zeit es zuläst, sol in 6 Stüber Brüche verfallen sein. Dieweil  es aber nichts ist Gesetze zu haben woferne dieselbe nicht unterhalten werden, so bezeugen wir sämtliche Schul-Arbeiter mit eigenhändiger Unterzeichnung, daß wir obenstehende Gesetze mit Christschuldigster Vorsichtigkeit, strack, streng. und ernstlich wollen und begebren zu unterhalten; stellen nebstdeme vorfest, daß nächst göttlichen Seegen, das Heil, Wolfahrt und Aufnehmen unserer Schulen in genauer und heiliger  Wahrnehmung derselben bestehe. Wollen und Geloben sie deswegen zu unterhalten, damit das almählig verderbende Schulwesen verbessert, der alzu großen Zulassung gesteuert, der allgemeine Schul-Friede befördert, vielen  Ungereimtheiten vorgekommen und in brüderlicher Einigkeit ohne Vedruß unsere obschon schwere und verdrießliche, jedoch höchst nöthige Schul-Arbeit verrichtet werde. Es sollen auch die Gesetze alle halbe Jahr vorgelesen und also unter uns gleichsam erneuert werden, und da bei der gelegenheit, wan wir unsern Schul-Sold von den Hrn. Kirchen=Voigden empfangen, zu welcher Zeit dan ein jedweder seine Geld Strafe erlegen und zu bezahlen  gehalten sein sol. Woferne sich aber einer wider verhoffen in der Bruch-Bezahlung weigerig solle stellen, so soll der Rector nebenst den andern das verbrochene bei Empfang des Schul Solds in gegenwart der Hrn. Kirchenvoigde abzuziehen Macht haben.

   Gegeben zu Lehr an unserer Schulen im Jahre unseres Heillandes 1684 an 16ten Febr.

Johan Christophorus Feil rector.

 Johannes Dresselius conrector.

Georg Hulsebus

Giesbertus Martini Anhalt.

   Ein Nachtrag

Einen Nachtrag den 6ten Junii ist bei Abrechnung unter uns sämtliche Schul-Collegen über ein und andrer Gesetz gründlich limitieret also

1. Das erste Stück der Kirchen Gesetze ist oder sol nicht des Nachmittags güldig sein im Fall ein oder der ander dawider handeln wird, oder gar nicht, wo man des Tages zuvor verreiset ist

2. Ist nach altem  Gebrauch den Hrn. Rectori zugelassen nach wilkühr des Freitags Nachmittags dem ersten Artikel (Ms. des Freitags dem ersten Artikel des Nachmittags) der Schul Gesetze gemäß zu leben oder nicht.

 3. Soll der Hr. rector gehalten sein alle 14 Tage die Schule ein oder mehrmalen zu besuchen und wer absent 3 stübr.

4. Ist unter den beiden der 13te Artikel also limitiret, das derjenige, welcher ex officio des Sontags den Vorsang gethan, die folgende ganze Woche nach seiner Wilkühr den Vormittag umb 11 Uhr bei Erlassung der Jugend singen mag.

5. Ist verabscheidet, daß man einer des Hrn. Rectoris Schülern peroriret, daß er Inspector et Rector scholarum alsdan mag seinen Schülern Uhrlaub oder allen Erlassung vergönnen.

6. Endlich ist unter sämtlichen Schulcollegen abgesprochen, daß wan ein oder ander wegen nöthiger Verrichtungen absein müsse, doch nach vorbeschehener Bestellung seines Berufs und Bedienung an den 1ten u. 18ten Artikel der Schul Gesetze nich sol gebunden noch verpflichtet sein.

    Daß solches von sämtlichen Schulbedienten gut gefunden, wird mit eigenhändiger Unterzeichnung bescheinigt.