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1945/48

in Bearbeitung

Geschichte der Armenhäuser in Rhaude, Holte, Backemoor, Collinghorst und West- sowie Ostrhauderfehn

Die "Armen-Versorgungs- und Arbeits-Anstalt zu Oldersum”

Ein Beitrag zur Sozialgeschichte des ländlichen Raums

Von Angelika Boden

(Gekürzte Fassung aus der Hausarbeit zum Thema “Historische Entwicklung der Wohlfahrt in ostfriesischen Dörfern im 19. Jahrhundert” im Fachbereich Sozialwesen an der Fochhochschule Ostfriesland in Emden – veröffentlicht in: Unser Ostfriesland, Beilage zur Ostfriesen Zeitung Leer, Nr. 22 vom 22.11.2000, S. 87f)

   Am 3. Oktober 1845 schlossen sich in der  Gemeinde 0ldersum elf Personen - der Superintendent Piepersberg, die Kirchenvorsteher L.H. Herrmann und Schmidt, Pastor Wychgram, Sielrichter C.W. Herrmann, Landwirt Dreesmann, Amtsvorsteher Folkers, Ortsvorsteher  Janssen, Kaufmann Müller, Auktionator Dyken und Schullehrer Menke - zusammen, um im neu entstandenen l. Gustav-Adolf-Verein über die "schlimmen Aussichten" der Hilfsbedürftigen in der Gemeinde zu beraten. Sie kamen zu dem Schluss, "man müsse eine Anstalt ins Leben rufen, wodurch der Druck der Armuth durch Arbeit und Verdienst nicht nur weniger fühlbar gemacht, sondern sogar solchen Hilfsbedürftigen Gelegenheit gegeben würde, sich ihrer Menschheit zu freuen, und damit sie als moralische Wesen für die Gesellschalt als brauchbar bewahrt bleiben."

   Nachdem am 25. Februar 1846 weitere zehn Mitglieder der Gemeinde ihre Unterstützung zugesichert hatten, wurden die ersten Schritte geplant: Der Zimmermeister Hayunga übernahm die Aufgabe, binnen eines Monats einen Kostenvoranschlag über das zu errichtende Gebäude  aufzustellen. Der Apotheker Hoyer, der Landwirt Dreesmann und Hayunga übernahmen die Verpflichtung, einige Arbeitsanstalten der Umgebung in Augenschein zu nehmen, um zu prüfen, welche Kosten der Betrieb der geplanten  Anstalt in etwa verursachen würde. Der Ortsvorsteher Smidt und der Kaufmann Müller erklärten sich bereit, das vorhandene Armenvermögen zu schätzen und innerhalb eines Monats vorzulegen.

   Am 9. Mai erhöhte sich die Zahl der Interessenten um weitere sieben Personen. Am 16. Mai bekundeten weitere fünf Gemeindemitglieder ihr Interesse. Die Gesamtzahl der Interessenten, die die Idee einer Armen-Versorgungs- und Arbeitsanstalt unterstützten, betrug jetzt 33 Personen. An diesem Tag wurde auch ein Entwurf der Statuten besprochen und genehmigt. Die Kosten des Gebäudes sowie der inneren Einrichtungwurden mit 2500 Reichstaler  angegeben, aber nicht näher erläutert. Darüber hinaus wurde beschlossen, auf der nächsten Versammlung eine Direktion zu wählen.

   Am 3. Juni wählten die Anwesenden der Versammlung eine  Kommission, die die Aufgabe hatte, die Form der Anstalt näher zu bestimmen und die Finanzierung der Anstalt zu klären. Der Kommission gehörten sieben Mitglieder an:

Superintendent Piepersberg, Pastor Wychgram, Auktionator Dyken, Sielrichter Herrmann, Kaufmann Müller, Landwirt Huismann  und Schullehrer Menke.

   Ein Schreiben des Amtes Emden vom 3. April 1847 lässt darauf schließen, dass  sich der Superintendent Piepersberg bei der Landdrostei Aurich um eine Genehmigung zur Errichtung der Anstalt bemühte. Diese wurde zunächst nicht erteilt, da ein gültiger Gemeindebeschluss über den Wunsch einer Verbesserung der Armenverwaltung fehlte. Darüber hinaus forderte das Amt zunächst eine genaue Beschreibung des Gebäudes, einen Beschluss über die Aufbringung und Deckung der Baukosten, einen Beschluss über die  Organisation der Verwaltung sowie eine Berechnung der jährlichen Kosten und der Nachweis, wie diese gedeckt werden   sollten. Knapp ein Jahr nachdem die Kommission ihre Arbeit aufgenommen hatte, konnte sie der  Gemeinde ihre Ergebnisse vorstellen und bat die stimmfähigen Interessenten der Gemeinde, am 3. Mai 1847 nachmittags um 4 Uhr in der Kirche zu erscheinen, "um nach dargelegter Sachlage ihr letztes, ihr Schlußurtheil in dieser Sache abzugeben."

   Das Armenlokal sollte demnach auf einem Grundstück erbaut werden, das bisher als Armen-Garten genutzt wurde. Das geplante Haus wurde folgendermaßen beschrieben: "Das Gebäude würde sein 100 fuß lang, 33 fuß breit und 11 fuß hoch unter dem Boden, mit zwei halben Hammen (= über den Giebel herabhängendes Strohdach) zu pl. min. 9 fuß über dem Boden mit zwei Fenstern und Ge-sime in und an jedem Hamm. Durch die Hauptthür A gelangt man in ein 7 fuß breiten Gang. Thür B führt zwischen zwei Bettstellen durch in C die Stube des Vaters, zugleich Versammlungsort der Direction. Treppe D führt auf den Gang E, wovon man durch F in eine Bergstube G gelangt. Von demselben Gang E aus ist H der Eingang zu J, der Krankenstube. Unter G und J ist ein Keller zu pl.min. l7 und 29 fuß angebracht, wozu unter Treppe K der Eingang sein wird. Treppe K selbst leitet auf den Boden in zwei Abtheilungen, vorn Leinen- und Kleider-Boden, hinten Raum zu Torfund Material. Vom Hausgange gelangt man durch L in das Arbeits- und Wohnzimmer M, 60 fuß und 20 fuß breit. An den Fenstern hin wären einige Webstühle aufzustellen. Esstische und Bänke werden zusammengesetzt und aufgestellt wie auch weggenommen. N, 0, P, Q, R sind Eingänge zu den Schlafstuben l, 2, 3, 4, 5, worin in jeder vier Schlafstellen zu je zwei Personen stehen, im ganzen also Schlafraum für wenigstens 40 Personen(!), der hintere Raum des Hauses S und T soll als Wasch- und Kochstube  dienen, wozu die Anordnung noch nicht genau ermittelt worden. Uebrigens soll im Waschzimmer Regenwasserbacken und auf dem Hofe hinter dem Haus ein Brunnen angelegt werden."

   Zweck der Anstalt war zum einen die materielle Versorgung der Armen und eine zweckmäßige Verwendung der Mittel, zum anderen sollten die Armen moralisch überwacht werden. Finanzielle Grundlage der Anstalt sollte das bisher übliche  Einkommen (Grundstücksverpachtungen, Zinsen von Kapitalien, Einnahmen für Leichentücher, Kollekten im Dorf) der Armenkasse und darüber hinaus der Ertrag der Arbeit, die die Armen in der Anstalt zu leisten hatten, sein.

   Die Berechnung der Kosten für den Bau und die Einrichtung des Hauses ergab eine Summe von 2.752 Reichstaler (1.502 Reichstaler für Baumaterial und Arbeitslohn, wobei der Arbeitslohn lediglich mit 200 Reichstaler angegeben wird). Gedeckt werden sollten diese Kosten durch den Verkauf zweier Armenhäuser, durch den Verkauf der abgetragenen Erde des Gartens, auf dem das Haus gebaut werden sollte, durch eine  Kollekte im Dorf sowie durch Forderungen an die Fleckenskasse, den Gastwirt Eimers und die Kirche. Dies ergab nach den Aufzeichnungen eine Summe von 1.841 Reichstaler, so dass sich nach Abzug der Passiva an die Kirche und an die Unterpfarrei die eigenen Mittel der Gemeinde auf 1.387 Reichstaler beliefen. Da die aufzubringende Summe 2.752 Reichstaler ergeben hatte, galt es, ein Defizit von ca. 1.400 Reichstaler auszugleichen. Dieser Betrag sollte zum einen durch "Petitionen bei den Oberbehörden", zum anderen durch Anleihen bei der "Neben-Credit-Anstalt in Aurich" aufgebracht werden.

   Die Grundzüge der Verwaltungsorganisation wurden im Protokoll dieser Versammlung zwar niedergeschrieben, sind aber ausführlicher nachzulesen in den Statuten der Anstalt. Für die Berechnung der jährlichen Kosten legte man die Berichte der  Versorgungs-Anstalt in Loga zugrunde. Die Verpflegung der dort lebenden 35 bis 40 Personen wurden in den Jahren 1843 bis 1845 mit jährlich 595 Reichstalern und 16 Gutegroschen angegeben. In Oldersum wurden zu diesem Zeitpunkt 40 Personen verpflegt und die jährlichen Einnahmen der Armenkasse betrugen bis dahin durchschnittlich 635 Reichstaler. Verdient wurden in der Logaer Anstalt durchschnittlich 194 Reichstaler und 16 Gutegroschen jährlich. Der erwartete Ertrag durch die Arbeit in der Oldersumer Anstalt wurde zwar nicht näher beziffert, man ging aber davon aus, dass die gesamten Einnahmen die Kosten decken würden.

   Nachdem diese Punkte von 30 Interessenten beschlossen worden waren, waren offensichtlich alle von der Landdrostei Aurich gestellten Bedingungen erfüllt, denn aus dem Protokoll der Versammlung vom 24. Juli 1847 geht hervor, dass die Königliche Landdrostei die Erlaubnis zur Errichtung der Anstalt erteilt hat. Die Kommission wählte den Apotheker Hoyer, um die Aufsicht über Steine, Dachziegel, Lehm etc. zu führen, den Landwirt Dreesmann, um die Aufsicht über die Hölzer und den Müller Janshen, um die Aufsicht über die Eisenwaren zu führen, als Mitglieder der Kommission hinzu.

   Am 28. November 1847 wurde von Seiten der Kommission die offizielle Eröffnung der Anstalt in der Wollweberstraße in Oldersum zum l. Dezember 1847 bekannt gegeben und sämtliche Interessenten wurden für den 2. Dezember zur feierlichen Einweihung eingeladen.

Quellen: H. Kannegieter, Oldersumer Chronik, Emden 1987; Amtsblatt f. d. Prov. Ostfriesland, 1848, 1852; StA Aurich, Rep. 15, 1382, 1816, 1817,  10983, 10984; Rep 28, 2328, 2546; Rep 225-35,1, 6,22-26.

Chronik des Michaelstifts

 (heute: Bollinger Alten- und Pflegeheim)

1897 wurde das Armenhaus der Gemeinde Strücklingen bezogen. Die Betreuung der Bewohner übernahm ein Hausverwalter-Ehepaar.

1946 , nach Ende des Zweiten Weltkriegs, kamen viele Vertriebene. Eine Baracke wurde angebaut, so daß insgesamt 28 Menschen Platz fanden.

1949 wurde das Gebäude renoviert

1950 beschloß der Strücklinger Gemeinderat, das Haus in eine kirchliche milde Stiftung umzuwandeln und dem Caritasverband zu unterstellen. Es wurde nach dem Schutzpatron St. Michael benannt.

 <vergleiche dazu die Armengeschichte aus dem Band II der Idafehn-Chronik!!!>

Wird noch ausführlich fortgesetzt!!!